Die korrekte Wortwahl

Gerade habe ich einen Artikel zum Thema Inklusion in der Zeit gelesen. Der Artikel an sich ist jetzt gar nicht so wichtig (obwohl lesenswert!), jedoch zeigt sich hier ein Phänomen, was in Zeitungen immer wieder vorkommt – der Gebrauch des Wortes „taubstumm“.

Ich habe mich mal auf die Suche gemacht und das Wort „taubstumm“ bei Google eingegeben und dann verschiedene Namen von Zeitungen dahinter gesetzt. So gut wie jede Zeitung hat das Wort „taubstumm“ in Artikeln stehen. Unten findet ihr eine kleine Auswahl an Artikeln, alles Artikel aus den letzten zwei Jahren. 

Die Zeit:

2012: http://www.zeit.de/2012/28/C-Inklusion-Bremen

Welt:

2012: http://www.welt.de/sport/fussball/article13838820/Dieser-Schiedsrichter-hoert-seine-Pfiffe-nicht.html

Spiegel:

2011: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/taubstummen-studie-groessere-zahlen-sind-erst-durch-sprache-zu-begreifen-a-744213.html (den Artikel finde ich übrigens eine glatte Frechheit)

Focus:

2010: http://www.focus.de/panorama/boulevard/leute-abigail-breslin-als-taubstumme-am-broadway_aid_480299.html  

F.A.Z.

2010: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/traumforschung-wenn-taubstumme-traeumen-11078838.html

Viele Menschen, wissen nicht, dass gehörlose Menschen das Wort taubstumm als sehr diskriminierend empfinden. Das hängt damit zusammen, dass stumm früher mit "dumm" assoziiert wurde und auch der Eindruck der durch das Wort "taubstumm" entsteht ist ein negativer. Dadurch wird nämlich impliziert, dass Gehörlose keine Sprache besitzen, ergo "(taub)stumm" sind. Dies ist aber keineswegs der Fall, die Sprache der Gehörlosen ist die Gebärdensprache und auch Gehörlose können ihre Stimme benutzen. Stumm oder gar dumm sind sie also auf keinen Fall! 

Kurz etwas zum korrekten Vokabular:

gehörlos oder taub – nicht taubstumm!
Gebärdensprache – nicht Zeichensprache!
Gebärdensprachdolmetscher – nicht Gebärdendolmetscher!

Aber das ist nicht nur ein Phänomen, was sich bei der korrekten Wortwahl zum Thema Hörschädigung zeigt, sondern auch bei der Wortwahl beim Umgang mit anderen Behinderungen. Der häufigste Fall: die Formulierung „an den Rollstuhl gefesselt“, die von Rollstuhlfahrern ähnlich negativ aufgefasst wird, wie das Wort „taubstumm“ von Gehörlosen.

Es geht aber auch anders: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/gehoerlose-im-job-karriere-jenseits-der-stille-a-701625.html


Ich würde mir wünschen, dass dieser Fauxpas in Medien gar nicht mehr auftaucht. Natürlich weiß ich auch, dass sich auch durchaus einiges verändert hat, es gibt viele Artikel, die das Wort "gehörlos" benutzen und generell ist da der Trend positiv. 

Google liefert bei dem Stichwort gehörlos 304.000 Ergebnisse und bei dem Wort taubstumm "nur" 97.600 Ergebnisse. 

Ich bin weder kleinlich bin noch rege ich mich gerne auf. Aber es macht einfach keinen guten Eindruck. Man kann lernen, ganz selbstverständlich zu sagen. „Er ist gehörlos“ anstatt zu sagen „Er ist taubstumm.“ Das ist nicht schwer und es hinterlässt einen viel positiveren Eindruck. Wenn ich einen Artikel lese und das Wort taubstumm kommt darin vor, dann fühlt sich das ganz seltsam an, negativ, komisch, diskriminierend sogar. Und so geht's nicht nur mir, so geht es ganz vielen anderen. Und deswegen darf so etwas nicht passieren.