Donnerstag, 21. Juni 2012

Sportunterricht

Es gibt ein paar Fächer, wo es schwierig ist alles gut mitzubekommen. Eins dieser Fächer ist Sport. Ich mag den Sportunterricht im Allgemeinen nicht sehr gern, weil er kommunikationstechnisch gesehen, sehr schwer ist. 

Normalerweise benutze ich ja die FM-Anlage um den Lehrer und die Mitschüler zu verstehen. In Sport geht das nicht, weil man sich ja (optimalerweise) viel bewegt und das dann eben zu unangenehmen Nebengeräuschen führt, wie z. B. das viel zu laute Trappeln der Sportschuhe auf dem Hallenboden. Deswegen benutze ich im Sportunterricht nie die Anlage. Aber da di
e Akustik einer Sporthalle ziemlich mies ist, ist auch mein Hörverstehen oft sehr eingeschränkt. Da wird kommt eben mal eine Erklärung zur Taktik, irgendjemand ruft mir etwas zu und ich weiß nicht woher das kommt und was ich jetzt machen soll. Spielanleitungen gehen meist an mir vorbei oder besser gesagt, ich bekomme immer wieder so Fetzen mit, mit denen ich dann meist nicht genug anfangen kann. 

Es sind dann Freunde, die mir helfen und vieles von dem was die Sportlehrerin so sagt wiederholen. Manchmal schäme ich mich dann etwas, weil ich das Gefühl habe, dass ich alles etwas aufhalte und ich denke oft, dass mich die anderen für etwas dumm halten müssen, weil ich meist die Dinge nie direkt mitbekomme, sondern erst nachfragen muss - und das gerade in Sport, wo ja alles oft etwas schnell gehen muss. 


Da fällt mir ein, was mir eine Freundin, die auch CI-Trägerin ist, erzählt hat: 
Sie war beim Badminton und zum Aufwärmen musste die Gruppe in einer Reihe um den Sportplatz laufen, also alle hintereinander in einer Reihe. Die Aufgabe war dann, dass die hinterste Person dann nach vorne sprinten musste und sich vorne wieder einreihen musste.

Dienstag, 19. Juni 2012

Wie ein Eskimo in der Sahara

Was für ein anstrengender Tag! Ich bin heute Nachmittag vom Sportunterricht nach Hause gekommen und habe mein CI direkt abgelegt und höre seit Stunden nichts mehr - das ist so schön! Momentan bin ich anscheinend etwas lärmempfindlich. Die letzten zwei Wochen war ich nämlich im Praktikum, an einer Grundschule für Gehörlose und Schwerhörige. Da war ich die allermeiste Zeit in Gehörlosenklassen, nie mehr als 10 Kinder, ich habe natürlich ganz viel gebärdet, die Akustik war super, jedem, dem ich da über den Weg gelaufen bin kannte sich mit der Thematik aus, sprach deutlich etc. Es war insgesamt eine sehr schöne Zeit, um einiges "ruhiger", von der Akustik her.  Aber natürlich auch anstrengend und herausfordernd - aber ich würde es jederzeit wieder machen.

Jetzt bin ich also seit Montag wieder in meinen normalen Regelschulalltag und ich fühle mich in etwa so wie ein Eskimo in der Sahara. Ich hatte ganz ernsthaft vergessen, wie laut Regelschulen sind... plötzlich habe ich wieder meine 25 Leute in den Kursen, alles läuft über die Lautsprache, ich muss mich wieder bemühen alles zu verstehen... und es ist einfach alles sehr laut, lärmig und anstrengend. 

Ich habe das Gefühl, ich muss mich wieder akklimatisieren und mich wieder an die hörende Welt gewöhnen. Das werde ich bald wieder drin haben, aber heute und gestern ist mir das mal richtig bewusst geworden, unter welchem Lärmpegel man so an den "normalen" Schulen steht. Grausam. Das wäre wirklich zu jedermanns Vorteil, wenn da mal mehr Ruhe herrschen würde... Über das Praktikum werde ich natürlich noch einiges schreiben, ich bin bisher nur nicht dazu gekommen, meine Eindrücke schön zusammenzufassen! 

Freitag, 8. Juni 2012

Nicht so wichtig …

Stellt dir vor, du bist auf einer Geburtstagsparty und stellst dich zu einer Gruppe dazu. Das Geschnatter um dich herum ist laut, es läuft Musik, du hörst Gelächter und alles ist einfach sehr laut und lärmig. Die Leute um dich herum reden recht schnell, du kommst nur mühsam mit und musst dich sehr konzentrieren um alles einigermaßen zu verstehen.  Plötzlich beginnen die Menschen um dich herum loszulachen. Verwirrt schaust du dich um – was war da gerade los? Alle haben sich bereits wieder beruhigt und das Gespräch geht ganz normal weiter. Trotzdem fragst du jemanden neben dir, was da gerade los gewesen sei. Die Person antwortet: „War nicht so wichtig.“ und redet dann ganz normal weiter, so als ob nichts gewesen wäre.

Als Hörgeschädigte begegnen einem solche Situationen des Öfteren: „Ist nicht so wichtig“, „War nicht so wichtig“,  „Ist egal.“, „Wirklich, es war nicht so wichtig... wie oft habe ich diese Sätze bereits gehört? Ich kann es nicht mehr zählen.

Ich habe mich oft über diese eigentlich doch sehr kleinen Sätze geärgert und mich auch davon verletzt gefühlt. Meistens meinen es die betreffenden Personen in diesem Moment noch nicht mal böse – aber trotzdem: Ist es denn nicht meine Entscheidung was für mich in diesem Moment wichtig ist?

Ich wünsche mir, dass ich es allein schaffen könnte, in Gruppen alles zu verstehen. Aber so gerne ich das auch hätte, ich kann es oft einfach nicht. Ich kann es nicht, egal wie sehr ich mich bemühe. Und ich kann euch sagen, das ist unglaublich frustrierend, wenn man in diesen Momenten an seine Grenzen stößt. Jedes Mal wenn ich etwas nicht richtig mitbekomme, wird mir meine Abhängigkeit zu den Hörenden bewusst. Meistens versuche ich mir nicht ansehen zu lassen, wie sehr ich doch von meinen Mitmenschen abhängig bin – aber das „Nicht so wichtig“ macht mir diese Abhängigkeit sehr deutlich. Es ist ein Gefühl der Bevormundung oder abgestempelt zu werden, als eine, die sowieso nichts mitbekommt.

Es ist ein bisschen so, dass die Menschen um mich herum entscheiden können, was ich von den Gesprächen verstehe. Sie sind Richter darüber, wie viel ich mitbekomme, im Kleinen wie im Großen. Ich kann dafür kämpfen, soviel wie möglich zu verstehen, aber eine Wahl, die habe ich nicht wirklich. Manchmal bin ich es wirklich unglaublich müde, immer den Gesprächsfetzen hinterher zu jagen, die ich verpasst habe.

Meistens meinen die Hörenden es ja nicht böse … aber ich frage mich oft, wie ich auf ein solches „Nicht so wichtig.“ reagieren soll. Die Sache auf sich beruhen lassen? Oder lieber doch nachhaken und sich in Gefahr begeben dabei lächerlich zu erscheinen? Vielleicht einfach sagen: Für dich mag es nicht so wichtig erscheinen, aber für mich ist es wichtig.

Es ist doch mein Recht nachzufragen! Auf keinen Fall möchte ich eine Belastung für meine Umwelt sein, aber, bitte Leute, kostet es denn so viel Mühe mich darüber aufzuklären, was los war?