Montag, 9. Juli 2012

Besuch in der Uniklinik - Teil I

Hallo ihr Lieben,

heute war ich in der Uniklinik für meine jährliche Untersuchung - ich kann mir Schöneres vorstellen für meinen ersten Ferientag, aber da es vor den Ferien nie geklappt hat mit einem Termin, musste es eben in den Ferien sein. Diese jährliche Routine in der Uniklinik ist mir wahnsinnig vertraut, "the same procedure as every year", wie es so schön in "Dinner For One" heißt. Schließlich mache ich das seitdem ich denken kann - inzwischen nur noch einmal oder zweimal pro Jahr. Der Ablauf ist wie folgt:

1) Erster Hörtest
2) Einstellung
3) Zweiter Hörtest
4) Besuch beim Arzt

Ich war positiv überrascht, wie zackig das heute ging, um viertel nach elf hatte ich den Termin und um ca. halb drei saß ich schon wieder zuhause. Das ist alles ganz schnell gegangen. Die Hörtests laufen immer nach dem gleichen Muster ab, zunächst einmal werden Geräusche abgespielt und ich saß da mit so einem Schalter in der Hand und musste immer auf den roten Knopf drücken, sobald ich ein Geräusch gehört habe. Das war nicht besonders schwer, nur bei den ganz leisen werde ich unsicher, ob das jetzt wirklich ein Geräusch war oder ob ich mir das jetzt nur einbilde ;-)

Der zweite Teil des Hörtests ist ganz klassisch, die Abspielung von Wörtern, bzw. Nomen wie "Herz" "Floß" "Kuh". Das sind ca. drei oder vier Wortreihen und jede Reihe wird leiser als die vorhergehende. Ich kann mich noch erinnern, wie man mich einmal gefragt hat, ob ich diese Wortreihen auswendig kann - die wollten mir nicht glauben, dass ich die so gut verstehen konnte. Natürlich sind manche der Wörter nicht ganz einfach, da passieren die klassischen Fehler. Bei einem Wort tippte ich auf "Schlacht" oder "Pracht" und als die Frau das Wort erneut abspielte, erkannte ich, dass es in Wahrheit "Fracht" gewesen war. Sowas eben. Aber insgesamt muss es wohl sehr gut gelaufen sein, der Typ, der dann später die Einstellung des CI's gemacht hat, meinte zu mir, da könnte man nicht mehr viel machen, besser würde es nicht mehr gehen.

Das ist schon seltsam, wenn man das hört oder wenn man auch auf die gute "Artikulation" angesprochen wird. Mich freut's natürlich auf der einen Seite und auf der anderen Seite finde ich das immer etwas ... unangenehm, wie sehr man dafür "gelobt" wird, als ob es das Wichtigste im Leben wäre, dass man diese Wortreihen gut kann. Vor allem, wenn man mir dann sagt, ich würde ja so gut damit zurecht kommen, mit dem CI und wie beeindruckend das doch wäre. Manchmal denke ich, viele der Menschen in der Uniklinik fokussieren sich so sehr auf die Ergebnisse der Hörtests und wie ich spreche und mich ausdrücke, dass sie vergessen, dass ich in der Welt "da draußen" immer noch hörgeschädigt bin und es nicht zählt, ob ich diese Wortreihen beherrsche oder nicht, weil ganz andere Hörbedingungen herrschen.

Aber gut, ich schweife ab, wir sind immer noch bei dem Hörtest! Nach den Wortreihen kommen Sätze wie "Peter kauft fünft blaue Sessel", mit einem zusätzlichen Störschall. Die Sätze sind so konzipiert, dass man meistens den ganzen Satz nicht verstehen kann, sondern nur Teile des Satzes. Man kann sich auch nur den Satzbau zurechtreimen - es ist immer der Name, ein Verb ein Zählwort, ein Adjektiv und dann ein Nomen. Mit dem Störschall wird es dann natürlich anstrengender.

Früher war natürlich auch immer meine Mutter oder mein Vater bei den Hörtests dabei. Einmal habe ich den Fehler gemacht und meine Mutter gefragt, ganz blauäugig, ob sie denn alles verstanden hätte. Meine Mutter hat ein bisschen traurig gelächelt und gesagt, ja, sie hätte alles verstanden. Das war im ersten Moment schon hart das zu hören. Versteht ihr, zuerst wird man so gelobt und man fühlt sich, ob man es will oder nicht, doch ein bisschen stolz. Tja, und dann begreifst du, dass das was du dir gerade mühevoll erarbeitet hast, für die Hörenden ganz einfach ist. Und das tut dann doch irgendwo weh.

Der dritte Teil des Hörtests ist dann die Abspielung lauter Geräusche, wo ich Bescheid geben muss, wenn diese zu laut werden. Das ist natürlich stellenweise unangenehm, weil das dann wirklich laut werden kann. Manchmal ist das dann der hörenden Person, die den Test macht, unangenehmer als mir, manchmal ist es andersherum. Nach dem Hörtest geht es dann zur Einstellung ...

Ich merke, das wird ein längerer Post - ich beende ihn hier mal und werde einen zweiten Teil anhängen - da wird es dann um die Einstellung gehen, die eine spannende Sache heute war, weil ich einen neuen Prozessor bekommen habe!

7 Kommentare:

  1. Alle Jahre wieder die "geliebten" Jahreskontrollen mit den Hörtests. Ich hatte mich mal mit einer Logopädin über die Hörtests unterhalten und meinte von wegen, dass sie super frustrierend sind und dass man deswegen zwischendurch einen leichten Test einschieben sollte, um die Motivation wieder anzukurbeln. Nichtsdestotrotz, egal wie nervenaufreibend und demotivierend die Tests sind, sie sind wirksam und dann bin ich irgendwo auch froh, dass es sie doch gibt. :)

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    1. Ein leichter Test zwischendurch, das wäre vielleicht tatsächlich motivationsfördernd. Obwohl ich persönlich es etwas "gefährlich", bzw. illusionistisch finde, wenn man sich da vormacht, dass man richtig super hören kann. Selbst wenn man mit dem CI super hört, kann man nicht an die Hörenden heranreichen. Ich meine, das ist jetzt nichts "Schlimmes" in dem Sinne, aber das muss einem schon klar sein - aber das muss ja deswegen noch lange kein Hindernis für die eigene Motivation sein! ;-)

      Wie meinst Du das eigentlich mit der Wirksamkeit der Tests? :-)

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  2. Na ja, viele Audiologen richten ihre Einstellungen zum Beispiel nach den Quatschsätzen. Ich glaube, dass sie dabei extra auf die Aussprache und auf das Hörverstehen achten. Welche Laute/Buchstaben man hört und wie sie es eventuell besser machen könnten. Vor ein paar Jahren habe ich bei den Sätzen immer "Taschen" anstelle von "Tassen" verstanden, bis der Typ, der den Hörtest machte, mal meinte, "Du sagst immer Taschen, es heißt Tassen." Eine Weile später wurde irgendwas neues eingestellt und seitdem höre ich auch immer Tassen.

    Das Gelobt werden ist mittlerweile ziemlich normal. Ist bei mir auch sehr häufig und Wörter wie "hammer", "bombastisch" und "super" hört man fast immer.

    Ich muss dazu auch erwähnen, dass für uns sind die Resultate auch echt gut sind... - ich habe irgendwo mal gehört, dass nur 2/3 der CIs erfolgreich sind. Zumindestens, was das Hören damit betrifft.

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    1. Irgendwie habe ich das nie so bei mir mitbekommen, dass die die Einstellung wirklich davon abhängig genacht worden ist, was ich beim Hörtest gehört habe... aber vielleicht ist das bisher einfach an mir vorbei gegangen. :-)

      Ich habe diesmal gemerkt, dass das mit dem Anfangsbuchstaben immer so eine Sache war, "Herz" "Erz" etc. oder eben "Fracht"/"Pracht"/"Schlacht", ich verstehe oft das Ende des Wortes besser, als den Anfang. Genauso war's übrigens bei den Sätzen, meist habe ich die Wörter am Ende besser verstanden als die am Anfang. Ob das jetzt wohl etwas aussagt? ;-)

      Richtig, ich finde es auch sehr wichtig, dass man klar sagt, dass diese Resultate eben nicht typisch für jeden CI-Träger sind! Aber warum das wohl bei uns so gut geworden ist und bei anderen funktioniert das mit dem CI gar nicht ... das ist wirklich eine interessante Frage!

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  3. Die Frage ist wirklich sehr interessant. Ich finde es auch generell ziemlich komisch, dass es über den Hörerfolg keine Statistiken gibt - oder wenn, dann nur sehr wenige. Meine eigene Erklärung wäre dazu, dass zum Beispiel wir beide sozusagen "rechtzeitig" versorgt worden sind. Du hast relativ schnell dein erstes CI implantiert bekommen und ich bekam direkt nach der Diagnose zügig die Hörgeräte und konnten somit unsere Härchen in der Cochlea und den Hörnerven damit intakt halten. Ich glaube, wenn jemand sein CI erst mit 6 oder 7 das erste Mal bekommst, dann ist der Hörerfolg dementsprechend niedrig, weil das Gehirn den Hörnerven sozusagen schon als "tot" erklärt. Das Gehirn sagt so etwas wie "Du brauchst dein Gehör nicht, stattdessen bilden wir die Sehrinde weiter aus. Das CI wird nichts." Habe dazu irgendwo mal einen interessanten Bericht gelesen/gesehen.

    Meiner Meinung nach hängt der eigene Hörerfolg ganz stark von der Hörbiografie, dem Lebensumfeld und der eigenen Motivation ab.

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    1. Klar, der Zeitpunkt der Implantation kann sehr wichtig sein, aber es gibt genug Menschen, bei denen eine CI Implantation im Kleinkindalter auch nicht funktioniert hat. Ich glaube, es muss eine Mischung aus allem sein, vor allem halte ich die Förderung durch die Eltern bzw. dem Umfeld für wichtig. Ohne geht's einfach nicht. Ich glaube auch, dass bei mir die Gebärdensprache auch super hilfreich war, da ich so schon eine Sprache hatte, auf der ich alles aufbauen konnte. Das Konzept "Sprache" und "Kommunikation" war so nichts Fremdes für mich. Ich konnte z.B. auf Gebärdensprache nachfragen, wenn ich ein fremdes Geräusch gehört habe, ob das jetzt ein "Flugzeug" oder ein "Auto" war. Durch die lautsprachliche Antwort meiner Eltern mit der entsprechenden Gebärde, habe ich glaube ich viel gelernt, Hören, Sprechen, Gebärden & Verstehen. Aber die Mehrheit der CI - Träger wächst ja meist ohne Gebärdensprache auf und da funktioniert das ja auch... ich schätze es muss einfach eine Mischung aus vielen unterschiedlichen Faktoren sein... aber die persönliche Förderung des Kindes ist da glaube ich wirklich sehr, sehr wichtig.

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  4. Ich bin ohne Gebärdensprache aufgewachsen und es hat bisher immer irgendwie ganz gut geklappt -- zum Glück. Trotzdem gab es hier oder da immer wieder mal eine Situation, wo ich mir gewünscht habe, meine Eltern und ich hätten untereinander gebärden können.

    Nicht viele Kinder haben das Glück, dass die Eltern die Gebärdensprache in Erwägung ziehen. Anders bei dir: deine Eltern haben die Gebärdensprache für dich als erste Sprache gewählt, damit du eine Kommunikationsbasis erhältst.

    Der Vorteil dabei ist einfach, dass das Kind auf jeden Fall schon Wörter kennt und wenn später ein CI implantiert wird, muss es nicht von Null auf anfangen die Wörter kennenzulernen, sondern kennt schon die Zeichen und muss dazu nur noch üben wie das jeweilige Wort ausgesprochen wird.

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